Die Verordnungen und Dekrete, die während des Ausnahmezustands vom Präsidenten erlassen wurden (auf Türkisch KHK– Kanun Hükmünde Kararname), stellen eine eklatante Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien dar. Sie mussten weder verfassungskonform sein, noch waren sie laut der Interpretation der türkischen Regierung gebunden an internationale Verpflichtungen, die der türkische Staat eingegangen war. Sie waren Erdogans Werkzeug für die nachhaltige Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit und die Errichtung eines Klimas der Angst.
Gemäß der türkischen Verfassung und internationalen Menschenrechtsnormen müssen Gesetze und Verordnungen demokratisch legitimiert und durch das Parlament verabschiedet werden. Sie müssen klare und spezifische Bestimmungen enthalten, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und den Schutz der Grundrechte der Bürger zu sichern.
Im Fall der 36 Verordnungen/Dekrete, die während des Ausnahmezustands zwischen 2016 und 2018 erlassen wurden, wurden diese grundlegenden Prinzipien umgangen. Die Verordnungen wurden direkt vom Präsidenten erlassen und umgingen somit die parlamentarische Kontrolle und Diskussion. Dadurch wurden die Gewaltenteilung und die Checks-and-Balances-Mechanismen untergraben, die für eine funktionierende Demokratie von entscheidender Bedeutung sind.
Die Verordnungen ermöglichten es den Behörden, ohne angemessene rechtliche Grundlage und Gerichtsverfahren gegen mutmaßliche Gegner der Regierung vorzugehen. Hunderttausende von Menschen wurden willkürlich verhaftet, entlassen oder von öffentlichen Ämtern suspendiert, allein aufgrund ihrer vermeintlichen politischen Ansichten oder Verbindungen. Dies führte zu einer Atmosphäre der Angst und Einschüchterung, in der kritische Stimmen verstummt sind und das Rechtssystem für politische Zwecke instrumentalisiert wurde.
Darüber hinaus waren diese Verordnungen äußerst weitreichend und unbestimmt formuliert, wodurch ein breiter Spielraum für Auslegungen und Missbrauch geschaffen wurde. Dies führte zu einer massiven Einschränkung der Grundrechte und Freiheiten, insbesondere der Meinungs- und Pressefreiheit, des Rechts auf ein faires Verfahren und des Schutzes vor willkürlicher Verhaftung und Inhaftierung.
Die Unrechtmäßigkeit dieser Verordnungen wurde auch von internationalen Menschenrechtsorganisationen und Gremien wie dem Europarat und den Vereinten Nationen wiederholt betont. Sie haben die türkische Regierung aufgefordert, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen, die Grundrechte zu respektieren und sicherzustellen, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich behandelt werden.
Die unrechtmäßige Natur dieser Verordnungen während der Tenkil-Katastrophe verdeutlichen das Ausmaß der Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte.